Liebe Leserinnen und Leser,
wieder naht der Monat des Kürbisses, der kleinen Fratzenwesen, die nur Schokoriegel wollen und die in der Regel keine Messer zücken, wenn sie „Saures" in Aussicht stellen. Außer, sie sind „das Böse" in einer Serie oder einem Spielfilm. Die Streamingdienste rüsten sich mit klassischem Schock und Grusel, auf dass uns die Haare zu Berge stehen und unser Blut zu Tal stürzen möge.
Das Grauen gibt es aber nicht nur in Vampirgrüften und Geisterhäusern. Es wird einem klamm, wenn die SA in der vierten Staffel von „Babylon Berlin" die Straßen der Weimarer Republik mit Gewalt überzieht. Wenn in der für den Oscar eingereichten Neuverfilmung von „Im Westen nichts Neues" Kinder von der Schulbank in die Schützengräben müssen. Und wenn in „Blond" ein Hollywoodstar eingemauert in seinem Image leben muss wie Fortunato in Edgar Allan Poes „Das Fass Amontillado".
Die Albtraumfabriken haben auch 2022 geliefert.
Happy Halloween wünscht Ihr Stream-Team: Imre Grimm, Lena Obschinsky, Matthias Schwarzer und Matthias Halbig.
Worauf wir uns freuen
„Gänsehaut um Mitternacht" – Hier haben die Wände Ohren
Igby Rigney spielt Kevin in „Gänsehaut um Mitternacht" bei Netflix. © Quelle: EIKE SCHROTER/NETFLIX |
Acht Jugendliche – ein Schicksal. In einem Hospiz warten sie auf den Tod. Die Zeit vertreiben sie sich mit Spukgeschichten, mit „Gänsehaut um Mitternacht". Was keine gute Idee ist, denn das Gebäude scheint zuzuhören.
Dass Albträume in alten Hospitälern lebendig werden, weiß man seit Lars von Triers Serie „Geister (1994 – 2022). Auch in diesem Hospiz wird der Horror von versierter Hand gereicht. Mike Flanagan, der uns seit „Spuk in Hill House" (2018) das Fürchten lehrt, will uns auch in diesem Jahr die Nackenhärchen lotrecht stellen.
„Gänsehaut um Mitternacht", Serie, zehn Folgen, von Mike Flanagan, mit Heather Langenkamp, Igby Rigney, Ruth Codd, Samantha Sloyan (ab 7. Oktober bei Netflix). Hier sehen Sie den Trailer.
Als die Nazis die Straße übernahmen – vierte Staffel von „Babylon Berlin"
Die Goldenen Zwanziger machen den Dreißigern Platz. Nach ihrem Wahlerfolg im Herbst 1930 übernimmt die SA die Straße. Und Kriminalassistentin Ritter (Liv Lisa Fries) entdeckt in der Silvesternacht 1930 ihren geliebten Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch) unter den Schlägertrupps.
Ist unser Lieblingspolizist etwa zu den Nazis übergelaufen? Antwort gibt die vierte Staffel von „Babylon Berlin". Zuletzt wurde ja an der Serie nach den Romanen Volker Kutschers herumgemäkelt, aber es ist immer noch ein Erlebnis, in das verzweifelt lebendige Berlin jener Tage einzutauchen. Herrlich düsterer Totentanz!
„Babylon Berlin", vierte Staffel, zwölf Episoden, von Tom Tykwer, Achim von Börries, Hendrik, Handloetgen, mit Liv Lisa Fries, Volker Bruch, Mark Ivanier, Max Raabe, Lars Eidinger (ab 8. Oktober bei Wow – ehemals Sky Ticket). Hier geht's zum Trailer.
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Neues von den Römer-Besiegern – die zweite Staffel von „Barbaren" startet
Der Netflix-Hit „Barbaren" geht in die zweite Runde. © Quelle: Netflix |
Die Schlacht ist verloren und, nein, Feldherr Varus kann seinem Kaiser keine Legionen zurückgeben. Arminius dagegen ist anno 9 nach Christus der Germane des Monats. Eigentlich dachte man, nach dem Ende der „Hermannsschlacht" gäb's von den „Barbaren" nichts mehr zu erzählen.
Aber die Serie war ein Hit. Da muss die Show weitergehen. Und wo die Quellenlage dünn ist, lässt es sich umso besser fabulieren. Die Helden Arminius, Folkwin und Thusnelda haben mit ihrer Freundschaft bald ebensolche Not wie mit den abzugsunwilligen Römern. „Ihr seid eine Arme der Toten!", hört man Thussi im Trailer brüllen. Wie lästig gerade solche Armeen werden können, weiß der Serienfan seit „Game of Thrones".
„Barbaren", zweite Staffel, sechs Episoden, Regie: Stefan Ruzowitzky, Lennart Ruff, mit Jeanne Goursaud, Laurence Rupp, David Schütter, Murathan Muslu, Cynthia Micas (ab 21. Oktober bei Netflix). Hier geht's zum Trailer.
„Raymond & Ray" oder: War Daddy am Ende ein toller Typ?
Treffen sich zwei Brüder nach langer Zeit, weil der letzte Wunsch des verhassten Vaters war, dass die Söhne ihm das Grab mit eigener Hand schaufeln. Noch schwieriger ist es für „Raymond & Ray", unschöne Familiengefühle zu begraben. Und jeder, den sie treffen, schwärmt davon, was für ein toller Typ ihr fürchterlicher Dad war. Nicht zu fassen!
Ewan McGregor und Ethan Hawke spielen die Hauptrollen in dieser Tragikomödie, die gerade beim Filmfest von Toronto Premiere feierte. Eine höchst unterhaltsame Lehrstunde über Wahrheit und Narrativ, und darüber, dass man mit der Vergangenheit abschließen muss, um in Zukunft besser leben zu können.
„Raymond & Ray", Film, 100 Minuten, Regie Rodrigo García, mit Ethan Hawke, Ewan McGregor, Sophie Okonedo, Maribel Verdú (ab 21. Oktobr bei Apple TV+). Den Trailer zum Film finden Sie hier.
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„Im Westen nichts Neues" – Krieg als infernalischer Menschenfresser
Felix Kammerer im Netflix-Film „Im Westen nichts Neues". © Quelle: Reiner Bajo |
Lewis Milestones Verfilmung von 1930 ist ein Klassiker der Filmgeschichte – jetzt kommt eine neue Adaption von Erich Maria Remarques Roman „Im Westen nichts Neues". Ein Film, der zeigt, dass Krieg nichts Heroisches hat. Der Soldat Paul Bäumer (Burgschauspieler Felix Kammerer) riskiert sein Leben für die uralte hirnrissige Idee vom Vaterland.
Regisseur Edward Berger erzählt vom Sterben in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs. Ein Film, alle Kriege zu beenden – von Deutschland für die Oscars 2023 nominiert.
„Im Westen nichts Neues", Film, 147 Minuten, Regie: Edward Berger, mit Felix Kammerer, Daniel Brühl, Albrecht Schuch, Aaron Hilmer, Devid Striesow, Edin Hasanovic (ab 28. Oktober bei Netflix). Hier geht's zum Trailer.
„The Bear: King of the Kitchen" – Wer ist der Herr im Sandwichladen?
Comedy aus dem wahren Leben verspricht die Disney+-Serie „The Bear: King of the Kitchen". Manchmal setzt einen das Schicksal zurück auf Anfang. Der junge Edelkoch Carmen „Carmy" Berzatto kehrt nach Hause zurück, nachdem sein Bruder sich umgebracht hat. In Chicago übernimmt er die Leitung des Familienunternehmens „The Original Beef of Chicagoland".
Zum Schicksalsschlag gesellen sich die Probleme eines kleinen Sandwichladens – vor allem Mitarbeiter, die sich mit dem Chef messen wollen, nachdem der das Gruselwort „Veränderung" auf die Speisekarte geschrieben hat. Wetten, dass daraus eine große Liebe entsteht?
„The Bear: King of the Kitchen", erste Staffel, acht Episoden, von Christopher Storer, mit Jeremy Allen White, Ebon Moss-Bachrach, Ayo Edebiri, Abby Elliott (ab 5. Oktober bei Disney+).
Blick in eine finstere Zukunft – Chloe Grace Moretz in der Sci-Fi-Serie „Peripherie"
In der Zukunft – einer nicht ganz fernen, durchaus vorstellbaren – entdeckt die junge Flynne Fisher (Chloe Grace Moretz), die virtuelle Spiele für sehr reiche Leute spielt, dass die düstere Welt, die sie in ihrem VR‑Headset sieht, ein furchtbares Übermorgen der Erde ist. Warum sie das sehen kann und ob das, was sie sieht, irgendwie verhindert werden kann, wird in „Peripherie" erzählt.
Dabei handelt es sich um eine Verfilmung des Romans „The Peripheral", mit dem Kultautor William Gibson („Neuromancer"-Trilogie) 2014 zur Science-Fiction zurückkehrte. Unter den Produzenten sind Christopher Nolan und Lisa Joy – die seit HBOs Robotaufstandsserie „Westworld" zu den klangvollsten Namen im Geschäft mit dystopischen Zukünften sind.
„Peripherie", erste Staffel, acht Episoden, von Scott B. Smith, mit Chloe Grace Moretz, Gary Carr, Chris Joy, Jack Reynor, Hannah Arterton (ab 21. Oktober bei Amazon Prime Video). Den Trailer sehen Sie hier.
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Dramedy in der Gynäkologie – die etwas andere Ärzteserie „This Is Going to Hurt"
Sie haben genug von quasiernsten Krankenhausserien wie „E. R.", „Grey's Anatomy" oder „Chicago Med", in denen pro Folge fünf Fälle vorgestellt werden, bei denen Sie spätestens nach drei Staffeln zum Hypochonder geworden sind und bei denen alle Kittelträger in Nebenzimmern Sex miteinander haben? Eigentlich nicht. Nur könnten diese Serien ein bisschen komischer sein.
Abhilfe naht: Besten Brit-Humor zur Musik von Jarvis Cocker (Pulp) verspricht „This Is Going to Hurt". Ben Whishaw, hilfreicher Q in den Bond-Filmen mit Daniel Craig, und Ambika Modd spielen Adam und Shruti, zwei Ärzte-Azubis in der Gynäkologie eines Londoner Krankenhauses. Man lacht – bis der Arzt kommt. Dann aber tut's weh.
„This Is Going to Hurt", erste Staffel, sieben Episoden, von Adam Kay, mit Ben Whishaw, Ambika Mod, Alex Jennings, Michele Austin, Rory Fleck Byrne (ab 22. Oktober bei Magenta TV). Hier geht's zum Trailer.
Was wir gesehen haben
„House of the Dragon": So ist das „Game of Thrones"-Prequel zum Haus Targaryen
Matt Smith als Prinz Daemon Targaryen in einer Szene der Serie „House of the Dragon", dem Prequel zu „Game of Thrones". © Quelle: -/HBO Max/AP/dpa |
Die Fantasyserie „House of the Dragon" (ab sofort bei Sky streambar) erzählt die Vorgeschichte von „Game of Thrones". Im Mittelpunkt: die Vorfahren von Drachenkönigin Daenerys Targaryen. Kein Wunder also, dass das teure Prequel ebenfalls viele Drachen und rohe Gewalt bietet. Cornelia Wystrichowski hat reingeschaut.
„Die Kaiserin", die gut sein wollte – Sisi legt bei Netflix los
Viele Sisis versuchten mit Romy Schneider gleichauf zu ziehen, Devrim Lingnau könnte das in der Serie „Die Kaiserin" gelingen. Die 24‑Jährige spielt den klassischen „Vogel im goldenen Käfig" mit Anmut und charmeblitzenden Augen. Matthias Halbig hat reingeschaut.
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„Tod und Spiele" und „Munich Games": filmische Aufarbeitung des Olympiaattentats
Der 50. Jahrestag des Attentats auf die Olympischen Spiele 1972 wird auch im Fernsehen und der Streamingwelt zum Thema: Während die ARD mit „Tod und Spiele" eine Dokumentation aus vielen Perspektiven zeigt, präsentiert Sky mit „Munich Games" eine fiktive Übertragung in die Gegenwart. Martin Schwickert hat sich beide Produktionen angesehen.
Das Böse steht immer wieder auf, das Gute aber auch – so ist das Streamingepos „Die Ringe der Macht"
Am Freitag startet „Der Herr der Ringe – Die Ringe der Macht". Wir konnten vorab bereits die ersten beiden Folgen sehen. Ist die Serie das, wonach Tolkien-Fans verlangen? Matthias Halbig hat reingeschaut.
Wer versteht Tom Hanks? – Der Hollywoodstar spielt den Vater von Pinocchio
Tom Hanks spielt Gepetto in Disneys Produktion Pinocchio. © Quelle: DISNEY |
Disney macht mit dem Projekt weiter, seine Zeichentrickklassiker als Realfilme neu zu inszenieren. In „Pinocchio" nuschelt Tom Hanks als Marionettenbauer Gepetto Unverständliches. Und Regisseur Robert Zemeckis begeht einen entscheidenden Fehler, findet Matthias Halbig.
So schön, eine Schuftin zu sein – Samantha Morton ist „The Serpent Queen"
Wie eine Vollwaise im 16. Jahrhundert zur mächtigsten Frau Frankreichs wurde, erzählt die Historienserie „The Serpent Queen". Samantha Morton ist in der Rolle der intriganten Katharina von Medici mörderisch gut. Unsere Rezension.
„Star Wars noir" – Die Serie „Andor" ist anders als die anderen
Cassian Andor lässt sich vom Schicksal treiben, bis er eines Tages einem leidenschaftlichen Rebellen begegnet. Die Serie „Star Wars: Andor" erzählt vom Widerstand gegen die Diktatur des Imperiums. Und sie tut das auf eine völlig unheroische Art, die die dunkle Seite der Macht noch viel dunkler wirken lässt. Hier lesen Sie unsere Kritik.
Die Gefangene der Göttin: Ana de Armas überzeugt im Netflix-Biopic „Blond" als Marilyn Monroe
Norma Jeane Baker wurde vor der Kamera zu Marilyn Monroe, bis der Mensch unter dem Image der Sexgöttin verschwand. Die Kubanerin Ana de Armas überzeugt in „Blond" (Netflix) als Frau, die missbraucht wird und sich selbst verliert. Matthias Halbig hat sich das Biopic angeschaut.
Fun Facts, die uns gefallen
Die Hauptdarstellerinnen der US-Fernsehserie „Sex and the City": Kim Cattrall (Samantha), Cynthia Nixon (Miranda), Kristin Davis (Charlotte), Sarah Jessica Parker (Carrie). © Quelle: picture-alliance / dpa |
Hätten Sie gewusst, dass sich im Intro der Erfolgsserie „Sex and the City" ein Filmfehler eingeschlichen hat? In dem bekannten Vorspann läuft Sarah Jessica Parker bekanntermaßen durch New York City. Hochhäuser sind zu sehen, Brücken, hinter Parkers Figur Carrie Bradshaw fahren gelbe Taxis, und Fußgänger durchqueren die Straßen. Am Ende des Intros dann das Ärgernis: Carrie wird von einem Bus mit Wasser bespritzt, der durch eine Pfütze fährt.
Doch genau in dieser Szene lässt sich ein Fehler entdecken: Während der Bus an Carrie vorbeifährt und in Nahaufnahme zu sehen ist, ist er vollbesetzt mit Menschen. Nach einem Schnitt in einer Totalaufnahme ist der Bus dann aber auf wundersame Weise leer – kein einziger Fahrgast ist mehr an Bord. Den Produzenten der Serie war der kleine Fehler wohl egal: Die Szene ist genau so in allen sechs Staffeln der Serie zu sehen.
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Was wir hinter den Kulissen erleben
Ein Ork in einer Szene aus „Der Herr der Ringe – Die Ringe der Macht". © Quelle: Ben Rothstein/Amazon Studios/dpa |
In Mittelerde machten bislang stets die Mannsbilder Rabatz. Bei J. R. R. Tolkien sowieso, der seine Geschichten und Mythen über Mittelerde noch in einer stark patriarchalisch strukturierten Gesellschaft schrieb. Aber auch in den Verfilmungen machten hauptsächlich Kerle von sich reden. Nun ist die neue Serie „Der Herr der Ringe – Die Ringe der Macht" gestartet. Haben die Macher von „Game of Thrones" gelernt?
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